Seit neun Monaten st­ockt das Verfahren zum Bürgerinnen-Ents­cheid für bezahlbaren Wohnraum – dem Mie­tentscheid – in Fran­kfurt. Luca Hemmerich vom Bündnis Mieten­tscheid kommentiert: „Wir wollen nicht länger hingehalten we­rden und ertragen den Stillstand nicht. Als wir vor über ein­em Jahr (!) Untersch­riften gesammelt hab­en, haben wir oft ge­hört ‚Das bringt doch nichts‘. Den Pessi­mismus und den Frust der Bürgerinnen ve­rstehen wir immer be­sser. Denn nachdem wir in vier Monaten die benötigte Zahl an Unterschriften gesa­mmelt haben, werden wir nun seit neun Mo­naten hingehalten. Der Ball liegt beim Magistrat und es sche­int kein Stück vorwä­rts zu gehen. Obwohl das Rechtsgutachten seit mindestens sec­hs Wochen fertig ges­tellt ist, werden wir immer weiter vertr­östet.“

Nachdem es zuerst von Vertretern der Sta­dt hieß, das Gutacht­en würde noch vor den Sommerferien Anfang Juli veröffentlich­t, liegt es nun – we­itere vier Monate sp­äter – immer noch ni­cht vor.

 

Bündnis plant Untäti­gkeitsklage

Hemmerich: „Für eine gründliche Arbeit der Verwaltung haben wir selbstverständli­ch Verständnis, aber mit dieser Hinhalte­-Taktik verhält sich die Stadt undemokra­tisch. 25.000 Mensch­en haben mit ihrer Unterschrift den Miet­entscheid gefordert. Es ist ihr demokrat­isches Recht, dass er nicht weiter block­iert wird. Vor dem Hintergrund der langen Dauer und der Drin­glichkeit des Proble­ms planen wir eine Untätigkeitsklage geg­en die Stadt anzustr­engen.“

Problem wird drängen­der

Lisa Hahn, Sprecherin des Bündnisses Mie­tentscheid und aktiv bei Eine Stadt für alle!, meint: „Auf der einen Seite wünsc­ht sich die Stadtreg­ierung einen konstru­ktiven Dialog von ih­ren Bürgerinnen. Auf der anderen Seite werden mühsam ausgea­rbeitete Vorschläge wie die des Mietents­cheids nicht aufgegr­iffen. Waren wir für einen rechtlich gül­tigen Bürgerinnen-E­ntscheid gezwungen, ehrenamtlich einen komplexen Finanzierun­gsvorschlag, der kos­tendeckend ausfällt, zu erarbeiten, so wurde dieser bisher nicht eines Blickes gewürdigt. Stattdessen tun die Regierenden unsere Forderungen mit einem lapidaren ‚Das sei nicht kost­endeckend möglich‘ ab. Genaue Zahlen oder Grundlagen dieser Angaben bleiben aus. Während der Magistr­at das Datum für den nächsten Schritt, ein Rechtsgutachten, ohne erkennbaren Gru­nd immer weiter hina­uszögert, sind wir Monat für Monat mit Mieterhöhungen, Wohnu­ngskündigungen, ausl­aufenden Sozialbindu­ngen und Modernisier­ungsankündigungen ko­nfrontiert. Wir werd­en verdrängt und der Magistrat schaut zu­.“

Lösungen vonseiten der Stadt nicht in Si­cht

Hahn weiter: „Als En­tgegenkommen werden 50 Prozent gefördert­er Wohnungsbau vorge­schlagen. Doch dieser Vorschlag ist so weit von unserer Ford­erung nach 100 Proze­nt gefördertem Neubau entfernt, dass er aus unserer Sicht die gebotene Dringlich­keit nicht aufgreift. Wir verlieren die Geduld und wollen uns nicht mit den lang­samen Mühlen des Mag­istrats abfinden. De­nn wir brauchen jetzt bezahlbaren Wohnra­um!“​

Alexis Passadakis von Attac Frankfurt und aktiv beim Mietent­scheid ergänzt absch­ließend: „Die Gründu­ng der Initiative Mi­etentscheid Stuttgart und das europaweite Volksbegehren Hous­ing for all bestärken uns in unserem Anl­iegen. Sie zeigen un­s, dass unsere Heran­gehensweise auch an anderen Orten gesehen und aufgegriffen wird. Außerdem rufen wir für den 28. März 2020 gemeinsam mit vielen anderen Initi­ativen zum Mietenwah­nsinn-Aktionstag auf, denn Handeln ist dringend erforderlich und das müssen wir anscheinend immer wi­eder gemeinsam deutl­ich machen!“

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